Rorschach-Archiv

Öffnungszeiten

Das Archiv ist nur nach vorheriger Anmeldung zugänglich. Bibliotheksausleihen sind zu den Öffnungszeiten der Medizingeschichte möglich.

Das Archiv Hermann Rorschach betreut den Nachlass des Schweizer Psychiaters Hermann Rorschach (1884–1922), der Schöpfer des nach ihm benannten Formdeutversuchs („Rorschach-Test“). Ebenfalls zum Archiv gehören Teilnachlässe seiner Frau Olga sowie seiner Kinder Wadim und Elisabeth sowie Teilnachlässe ehemaliger Berufskollegen Rorschachs und ehemaliger Präsidenten der International Society of the Rorschach (ISR). Die dazugehörende Bibliothek mit zahlreichen Publikationen aus aller Welt dokumentiert die Rezeption und Weiterentwicklung von Rorschachs Werk.

1957 auf Anregung des Berner Psychiaters Walter Morgenthaler (1882–1965) entstanden und später durch den Psychologen John E. Exner (1928–2006) gefördert, erfüllt die vom IMG betreute Institution heute eine wichtige Funktion für die internationale Rorschach-Forschung. Träger sind die das IMG, die International Society of the Rorschach (ISR) und der Verlag Hans Huber Hogrefe AG.

Die wissenschaftliche Benutzung des Rorschach-Archivs steht allen Interessierten offen. Für Recherchen in den Archivbeständen ist eine Voranmeldung erforderlich.
Das Archivgut ist, von wenigen Ausnahmen aus Datenschutz- und konservatorischen Gründen abgesehen, frei zugänglich. Die Benutzung kann mit Auflagen verbunden werden. Reproduktionen sind nur nach Rücksprache mit dem Institut für Medizingeschichte (IMG) erlaubt.
Bücher sind mit wenigen Ausnahmen ausleihbar. Zeitschriftenartikel sind nur als Fotokopie erhältlich.

Nachlässe

Die Nachlassbestände sind, unter Berücksichtigung ihrer Herkunft, als Fonds geordnet und in englischer Sprache beschrieben. Sie sind im Verbundkatalog swisscollections recherchierbar. Eine Einführung mit Beständeübersicht und Findmittel (Inventories) für die meisten Bestände ist als PDF-Dokumente verfügbar: Rorschach Guide 2020 new (PDF, 263KB)

Fonds Hermann Rorschach

Der gewichtigste Nachlassbestand ist derjenige von Hermann Rorschach. Hier finden sich unter anderem die zehn Tafeln, die Rorschach um 1918 angefertigt hatte und die er als Testapparat bei der Ausarbeitung seines wahrnehmungsdiagnostischen Experiments benützte und die dem Verleger Ernst Bircher als Vorlage für den Erstdruck von 1921 dienten. Ausserdem sind viele Klecksbilder vorhanden, über deren genauen Zweck vorderhand keine gesicherten Erkenntnisse bestehen. Der Nachlass enthält auch unzählige von Rorschach aufgenommene Testprotokolle samt Auswertung, Manuskripte zu seinem "Wahrnehmungsdiagnostischen Experiment" (Formdeutversuch), Vortragsmanuskripte, unzählige Exzerpte aus allen Wissensgebieten, Briefe, Fotos, persönliche Erinnerungsstücke und viele Zeichnungen von der Schulzeit bis ins letzte Lebensjahr.
Inventory Fonds Hermann Rorschach (PDF, 339KB)

Fonds Georg A. Roemer

Der deutsche Psychiater Georg A. Roemer (1892-1972) arbeitete 1919 als Volontärarzt in der Heil- und Pflegeanstalt Herisau, wo er Rorschachs Experiment kennen lernte und sogleich eigene Klecksbilder herstellte. Zurück in Deutschland stellte er mit seinen eigenen Klecksbildern Versuche an und begann, Rorschachs Verfahren in einer Weise anzuwenden, die diesen zunehmend beunruhigte. Der umfangreiche Nachlass enthält die ausgedehnte Korrespondenz mit Rorschach aus den Jahren 1919 bis 1922. Roemer, der während Jahrzehnten immer wieder mit neuen Techniken zur Herstellung von Klecksbildern experimentierte, hinterliess ausserdem eine Unzahl von Blättern, die aus ästhetischer und künstlerischer Sicht interessant sind. Ein wertvolles Quellenmaterial für die Geschichte der Psychotherapie während der Zeit der Naziherrschaft in Deutschland sind Briefe von und an Roemer und andere Schriftstücke, aber auch graue Literatur aus diesen Jahren.
Inventory Fonds Georg A. Roemer (PDF, 188KB)

Fonds Emil Oberholzer

Rorschachs Kollege und Freund Emil Oberholzer (1883-1958) führte als Psychoanalytiker eine Privatpraxis in Zürich und nahm von Anfang an lebhaften Anteil an Rorschachs Klecksversuchen. Der Teilnachlass enthält den Briefwechsel mit Rorschach aus den Jahren 1916 bis 1922. Die Korrespondenz ist nicht nur in Bezug auf die Entstehung und Weiterentwicklung von Rorschachs Testverfahren interessant, sondern auch im Hinblick auf die psychoanalytische Bewegung in der Schweiz. Als Vorstandsmitglieder der Schweizer Gesellschaft für Psychoanalyse (Oberholzer als Präsident, Rorschach als Vizepräsident) diskutierten sie nebst organisatorischen Fragen auch allgemeine Probleme der institutionellen Entwicklung der Psychoanalyse.
Inventory Fonds Emil Oberholzer (PDF, 78KB)

Fonds Walter Morgenthaler

Der Psychiater Walter Morgenthaler (1882-1965) spielte eine wichtige Rolle bei der Suche nach einem Verleger für Rorschachs Klecksexperiment. Nach Rorschachs Tod engagierte er sich unermüdlich für die Verbreitung und Institutionalisierung des Rorschachverfahrens. Er war Ehrenpräsident der 1952 gegründeten Internationalen Rorschach Gesellschaft und setzte sich für die Einrichtung eines Rorschach-Archivs ein. Der Teilnachlass enthält die Korrespondenz mit Rorschach, die ein eindrucksvolles Bild von den Schwierigkeiten mit der Publikation der "Psychodiagnostik" vermittelt, Morgenthalers Korrespondenz betreffend sein lebenslanges Engagement für den Rorschach-Test und Testprotokolle und Unterlagen zu seiner Lehrtätigkeit.
Inventory Fonds Walter Morgenthaler (PDF, 98KB)

Fonds Hans Behn-Eschenburg

Hans Behn-Eschenburg (1893-1934) arbeitete 1919 als Volontärarzt in der Heil- und Pflegeanstalt Herisau. Für seine Dissertation untersuchte er Schulkinder mit Rorschachs Testverfahren. Da der Druck von Rorschachs Tafeln noch in weiter Ferne schien, wurde eigens für diesen Zweck unter der Ägide Rorschachs eine neue Testserie geschaffen. 1920 trat er der Schweizer Gesellschaft für Psychoanalyse bei und eröffnete, nach einer Lehranalyse am Berliner Psychoanalytischen Institut, 1924 eine Privatpraxis in Zürich. Der Teilnachlass enthält, neben Manuskripten psychoanalytischen Inhalts, Korrespondenz und andere Dokumente in Bezug auf seine Dissertation, die ein paar Wochen nach Rorschachs "Psychodiagnostik" 1921 unter dem Titel "Psychische Schüleruntersuchungen mit dem Formdeutversuch" erschien.
Inventory Fonds Hans Behn-Eschenberg (PDF, 101KB)

Fonds Gertrud Behn-Eschenburg

Gertrud Behn-Eschenburg (1896–1977) war Psychoanalytikerin und die Frau von Hans Behn-Eschenburg (1893–1934), einem frühen Mitarbeiter und Kollegen von Hermann Rorschach. Zwischen den Weltkriegen wirkte sie auf eine gegenseitige Befruchtung von Psychoanalyse, Pädagogik und Sozialarbeit hin. 
Inventory Fonds Gertrud Behn-Eschenberg (PDF, 47KB)

Fonds Arnold Weber

Arnold Weber (1894-1976) spielte für Rorschach eine wichtige Rolle insofern, als er diesem in den Jahren 1921 und 1922 Testprotokolle von Musikern und anderen talentierten Personen für sogenannte "Blinddiagnosen" lieferte. Später führte er, neben seiner Lehrtätigkeit, eine Privatpraxis als Psychoanalytiker, wo er ausgiebig vom Rorschach-Test Gebrauch machte. Der Teilnachlass enthält die erwähnten Testprotokolle mit Rorschachs ausführlichen Auswertungen, ausserdem unzählige Testprotokolle und Unterlagen zu seiner Lehrtätigkeit und Webers Korrespondenz mit Rorschachs Witwe Olga Rorschach.
Inventory Fonds Arnold Weber (PDF, 92KB)

Fonds Emil Lüthy

Emil Lüthy (1890-1966), ein Neffe von Emil Oberholzer, war Kunstmaler und eines der ersten Mitglieder der Schweizer Gesellschaft für Psychoanalyse. In seiner Eigenschaft als Maler wurde er von Rorschach in kunstpsychologischen Fragen angegangen. Der kleine Teilnachlass enthält unter anderem Korrespondenz mit Rorschach und gezeichnete Schemata mit Bezug zu Rorschachs Testverfahren.
Inventory Fonds Emil Lüthy (PDF, 88KB)

Fonds Max Müller

Der Psychiater Max Müller (1894-1980) wurde mit Rorschach 1921 bekannt. Vertraut mit der Rorschach-Methode, begann er 1933, zusammen mit Emil Oberholzer, ein Forschungsprogramm mit dem Ziel, eine möglichst grosse Zahl von Rorschach-Protokollen aus der gesunden Durchschnittsbevölkerung aufzunehmen, um damit Standardwerte zu ermitteln. Der Teilnachlass enthält einige hundert Protokolle versehen mit persönlichen Charakterisierungen der getesteten Personen.

Fonds Marguerite Loosli-Usteri

Marguerite Loosli-Usteri (1893-1958), weitherum anerkannte Rorschach Expertin, war die erste, die die Rorschach-Methode systematisch unterrichtete, und die erste Präsidentin der Internationalen Rorschach Gesellschaft. Der Teilnachlass enthält zahlreiche Testprotokolle, Korrespondenz und Unterlagen mit Bezug auf ihre Forschungs-, Lehr- und publizistische Tätigkeit und ihr Engagement in der Internationalen Rorschach Gesellschaft.
Inventory Fonds Marguerite Loosli-Usteri (PDF, 112KB)

Fonds Kenower W. Bash

Der Psychiater Kenower W. Bash (1913-1986), ein ausgewiesener Kenner der Jungschen Psychologie und der Rorschach-Methode, war von 1981 bis 1986 Präsident der Internationalen Rorschach Gesellschaft. Der Teilnachlass besteht aus Testprotokollen, Unterlagen zu Bashs Forschungsaktivitäten, Lehrtätigkeit und wissenschaftlichem Werk mit Bezug zum Rorschach-Test und zu seinem Engagement in der Internationalen Rorschach Gesellschaft.
Inventory Fonds Kenower W. Bash (PDF, 120KB)

Fonds Adolf Friedemann

Der Psychiater und Psychologe Adolf Friedemann (1902-1981) war langjähriger Leiter des Instituts für Psychohygiene in Biel und mit dem Rorschach-Test bestens vertraut. Von 1960 bis 1975 war er Präsident der Rorschach-Kommission der Schweizerischen Gesellschaft für Psychologie. 1960 übernahm er auch das Amt des Präsidenten der Internationalen Rorschach Gesellschaft, das er bis 1981 inne hatte. Der unbedeutende Teilnachlass besteht aus Testresultaten, die ein gewisser Theo Lüdi mit einem von ihm selber entwickelten Test und mit Zulligers Z-Test gewonnen hatte.

Fonds Olga Rorschach

Die gebürtige Russin Olga Štempelin (1878-1961) wurde 1910 die Ehefrau von Hermann Rorschach. Selber Ärztin, musste sie nach dem Tod ihres Gatten 1922 für sich und ihre beiden Kinder Elisabeth und Wadim alleine aufkommen. Der Teilnachlass besteht aus Fotos und persönlichen Aufzeichnungen, Korrespondenz und einigen Vortragsmanuskripten.
Inventory Fonds Olga Rorschach (PDF, 95KB)Fonds Elisabeth Rorschach

Fonds Elisabeth Rorschach

Elisabeth Rorschach (1917–2006), Tochter von Olga und Hermann Rorschach, blieb unverheiratet und ohne Nachkommen. Dank ihren ausgezeichneten Englischkenntnissen war sie eine wichtige Adressatin für Briefsteller aus dem englischsprachigen Ausland, die Auskünfte über ihren Vater und dessen Nachlass wünschten. Der Teilnachlass enthält Fotos und andere biografische Dokumente, Korrespondenz und einen Lebenslauf der Schwester ihres Vaters, Anna Rorschach (1888–1974).
Inventory Fonds Elisabeth Rorschach (PDF, 88KB)

Fonds Wadim Rorschach

Wadim Rorschach (1919-2010), Sohn von Olga und Hermann Rorschach und selber Psychiater (u.a. behandelte er jahrelang den Schriftsteller Hermann Burger), blieb ohne Nachkommen. Nach dem Tod der Mutter hüteten er und seine Schwester Elisabeth den Nachlass ihres Vaters, den sie ab 1998 portionenweise dem Rorschach Archiv übergaben. Der Teilnachlass enthält unter anderem biografische Dokumente und Korrespondenz.
Inventory Fonds Wadim Rorschach (PDF, 73KB)

Fonds Wolfgang Schwarz

Wolfgang Schwarz (1926-2011) studierte Psychologie an der New York University und arbeitete später als Psychologe. Seit 1959 hatte er sich zum Ziel gesetzt, eine Biographie über Hermann Rorschach zu verfassen. Für dieses Projekt sammelte er verschiedene Materialien (hauptsächlich Kopien der Quellen aus dem Rorschach-Archiv), traf Familienmitglieder, Kollegen, Freunde und Bekannte von Hermann Rorschach und führte Interviews mit ihnen. Die Sammlung enthält hauptsächlich Manuskripte und Textentwürfe, die Wolfgang Schwarz für seine unvollendete biographische Studie über Hermann Rorschach verfasst hat. Bemerkenswert sind die ausführlichen Aufzeichnungen und Protokolle von Interviews, die er in der Schweiz mit Personen führte, die Hermann Rorschach persönlich gekannt hatten. Der Fond enthält auch eine grosse Sammlung von Briefen. Die meisten davon sind Kopien aus dem Rorschach-Archiv. Wolfgang Schwarz hat viele von ihnen ins Englische übersetzt. Zum Fond gehört auch eine grosse Sammlung von Fotomaterial, das Wolfgang Schwarz zur Illustration seines Buches gesammelt hat. Neben den Dokumenten über Hermann Rorschach umfasst der Fond eine Sammlung von 168 Versuchsprotokollen, die Hans Behn-Eschenburg (1864-1838) um 1912 von Schulkindern aufgenommen hat.

Inventory Fonds Wolfgang Schwarz (PDF, 185KB)

Bibliotheksbestände

Die Bibliothek enthält Zeitschriftenartikel, Separata, Monografien, Kongressberichte und Dissertationen zum Rorschach-Test in vielen Sprachen; zurzeit sind es ca. 700 Monografien und ca. 5000 Zeitschriftenartikel und Separata. Hinzu kommen die dem Rorschach-Archiv als Geschenk zugehenden Zeitschriften zum Rorschach-Test und Periodika von japanischen, südamerikanischen, spanischen, skandinavischen, niederländischen und osteuropäischen Rorschach-Gesellschaften bzw. -Gruppen. Die Bibliothek beherbergt auch Bücher und Separata aus dem Besitz von Hermann Rorschach.
Rorschach Bibliography 2015 (PDF, 3.4 MB)

Der Katalog der gedruckten Bestände des Rorschach-Archivs ist in das Bibliothekssystem swisscovery integriert. Alle Titel der Rorschach-Bibliothek sind hier auffindbar.

 

Infrastruktur

Archivunterlagen können nach Voranmeldung im Lesesaal der Bibliothek des Instituts für Medizingeschichte (IMG) konsultiert werden.

Dienstleistungen

  • Unterstützung bei der Recherche
  • Beantwortung schriftlicher Anfragen
  • Ausstellungsausleihen (auf Anfrage)

Lic. phil. Stefan Hächler
Archivar
Tel. +41 31 684 84 28

stefan.haechler@img.unibe.ch

Archiv Hermann Rorschach
Universität Bern
Institut für Medizingeschichte
Bühlstrasse 26
CH-3012 Bern
Schweiz

Bestandesgeschichte

Die Gründung des Rorschach-Archivs, später Archiv und Sammlung Hermann Rorschach, ist Walter Morgenthaler, einem Berner Psychiater, zu verdanken. Als Rorschach einen Verleger für sein Testverfahren suchte, setzte sich Morgenthaler dafür ein, dass die “Psychodiagnostik” beim Verlag Ernst Bircher in Bern publiziert werden konnte. Das Buch erschien 1921 als zweiter Band in der Reihe “Arbeiten zur angewandten Psychiatrie“, deren Herausgeber Morgenthaler war. Nach dem frühen Tod von Hermann Rorschach (1922) engagierte sich Morgenthaler für die Verbreitung und Institutionalisierung des Rorschach-Verfahrens. Auf seine Anregung rief die Schweizerische Gesellschaft für Psychologie eine Rorschach-Kommission ins Leben, die sich mit allen Fragen des Unterrichts in der Rorschach-Methode und -Forschung befassen sollte; diese Aufgabe übernahm später die 1952 gegründete Internationale Gesellschaft für Rorschach-Forschung (heute International Society of the Rorschach, ISR). Die Rorschach-Kommission beschloss die Schaffung eines internationalen Rorschach-Archivs, das 1957 bis 2017 von der Universitätsbibliothek Bern (UB) betreut wurde und seither beim IMG angesiedelt ist.

Zu Beginn seines Bestehens gelangte das Archiv in den Besitz wichtiger Publikationen zum Rorschach-Test und zweier bedeutender Briefwechsel. Abgesehen von einigen Fotos aus Familienbesitz, blieben diese Briefe aber während Jahrzehnten die einzigen Originaldokumente. In der Folge stagnierten die Kontakte zwischen den Partnern und damit auch die Erweiterung der Bestände.

Erst anfangs der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts wurden die Beziehungen zwischen der UB und der Internationalen Rorschach Gesellschaft reaktiviert. In gemeinsamer Anstrengung gelang es seither, den Bestand an gedruckten Publikationen auszubauen, zu reorganisieren und vollständig zu katalogisieren. Die beiden Kinder von Hermann Rorschach schenkten dem Archiv einen beachtlichen Teil des Nachlasses ihres Vaters. Einen substantiellen Zuwachs bildete zudem der Nachlass von Rorschachs ehemaligem Kollegen und Schüler Georg A. Roemer. Nachforschungen im In- und Ausland förderten überdies weitere aufschlussreiche Dokumente an den Tag.

1998 wurde das Archiv in eigens dafür gemieteten Räumlichkeiten am Dalmazirain 11 in Bern untergebracht. Zwei Jahre später feierten die Internationale Rorschach Gesellschaft, die Universitätsbibliothek Bern und der Verlag Hans Huber die Eröffnung von Archiv und Sammlung Hermann Rorschach. Nach einem Hausbrand im Mai 2012 musste das Archiv und seine Sammlung aus Sicherheitsgründen evakuiert werden. Der Standort befindet sich seither im Institut für Medizingeschichte der Universität Bern.

Kurzbiografie von Hermann Rorschach (1884–1922)

Hermann Rorschach wurde am 8. November 1884 als ältestes von vier Kindern in Zürich geboren. Zwei Jahre später übersiedelte die Familie nach Schaffhausen, wo der Vater als Zeichenlehrer wirkte. Als Zwölfjähriger verlor Hermann Rorschach 1897 seine Mutter, sieben Jahre später starb der Vater nach langer Krankheit.

Nach Abschluss der Kantonsschule in Schaffhausen (1904) studierte er ein Semester an der Académie de Neuchâtel (die 1909 zur Universität mutierte) Geologie und Botanik, anschliessend absolvierte er einen Französischkurs an der Universität Dijon. Im Herbst 1904 begann Rorschach sein Medizinstudium an der Universität Zürich.

Mit 22 Jahren fasste er den Entschluss, Psychiater zu werden. Im Wintersemester 1906/07 studierte er in Berlin, von wo er während der Neujahrsferien zum ersten Mal nach Russland reiste. Daran schloss sich ein Semester an der Universität Bern an. Im Herbst 1907 immatrikulierte sich Rorschach erneut an der Universität Zürich, wo er im Frühjahr 1909 das Staatsexamen bestand.
Nach dem Examen fuhr er für ein paar Monate ein zweites Mal nach Russland, bevor er im Spätsommer 1909 eine Assistentenstelle in der Thurgauischen Irrenanstalt Münsterlingen antrat. 1910 verheiratete er sich mit seiner russischen Studienkollegin Olga Stempelin aus Kazan.

1912 erschien Rorschachs Dissertation “Über Reflexhalluzinationen und verwandte Erscheinungen“, die unter der Leitung von Eugen Bleuler entstanden war. Im April 1913 kündigte Rorschach seinen Dienst in der Anstalt Münsterlingen und arbeitete anschliessend einige Monate an der Bernischen Heil- und Pflegeanstalt Münsingen (in der Nähe von Bern).

Ende 1913 reiste das Ehepaar Rorschach-Stempelin nach Russland, wo Hermann Rorschach eine gut bezahlte Stelle im Sanatorium Krjukovo, einer vornehmen Anstalt in der Nähe Moskaus, fand.

Im Sommer 1914 kehrte Rorschach in die Schweiz zurück und trat im Juli eine dürftig bezahlte Assistentenstelle in der Bernischen Kantonalen Irrenanstalt Waldau bei Bern an. Im Herbst 1915 quittierte er dort seinen Dienst und übernahm am 1. November 1915 eine Oberarztstelle in der Appenzell-Ausserrhodischen Heil- und Pflegeanstalt Herisau.

Im Frühjahr 1921 erschien die “Psychodiagnostik“. Das darin beschriebene Testverfahren wurde später als “Rorschach-Test” weltberühmt.

Am 2. April 1922 starb Hermann Rorschach mit 37 Jahren an einer zu spät diagnostizierten Blinddarmentzündung. Er hinterliess zwei kleine Kinder, Elisabeth Rorschach (1917–2006) und Wadim Ulrich Rorschach (1919–2010).